Christine H., Archivarin
Studienabschluss: Archiv, B.A.
Ich bin seit Frühjahr 2014, unmittelbar im Anschluss an meinen Studienabschluss an der Fachhochschule Potsdam (B.A. Archiv) im Wintersemester 2013/14, als Archivarin beschäftigt. Meine derzeitige Stelle beim Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg ist dabei bereits meine zweite Stelle. Zuvor war ich zunächst 1 ½ Jahre in Koblenz beim dortigen Landeshauptarchiv tätig.
Ich bin im Staatsarchiv Hamburg für die Betreuung bestimmter Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg und der von diesen in das Staatsarchiv gelangten Archivbeständen zuständig. Der damit verbundene Aufgabenbereich ist vielfältig und umfasst zum einen die Überlieferungsbildung, durch Bewertung von Schriftgut und die anschließende Übernahme der archivwürdigen Unterlagen in das Staatsarchiv. Dazu ist unter anderem auch die Pflege von Kontakten zu den verschiedenen Hamburger Behörden nötig, die verpflichtet sind, ihre nicht mehr benötigten Unterlagen dem Staatsarchiv anzubieten. Weiterhin bin ich dann für die archivische Erschließung der übernommenen Unterlagen zuständig. Dies geschieht durch Erfassung des Archivgutes in der Archivdatenbank. Schließlich beantworte ich auch schriftliche Anfragen von Archivnutzern zu den von mir betreuten Beständen und bin ca. alle 6-8 Wochen auch einmal im Beratungsdienst im Lesesaal eingesetzt. Einen typischen Arbeitstag kann ich deshalb schwer beschreiben, weil es wirklich davon abhängt, was ich gerade mache. Wenn aber keine besonderen Termine anliegen, sitze ich meist im Büro.
Ich habe mich für diesen Studiengang entschieden, weil mir zuvor durch mehrere Praktika in Archiven klar geworden ist, dass mein berufliches Ziel eine Tätigkeit als Archivarin ist und ich mir deshalb auf diesem Wege die für diesen Beruf erforderlichen Qualifikationen aneignen wollte.
Mein Weg ins Archiv war ein etwas längerer. Ein gewisses Interesse an Geschichte war schon immer da, bereits zu Schulzeiten. Ich wollte dieses Interesse auch gerne in irgendeiner Form in einen Beruf einbringen. Einen konkreten Berufswunsch hatte ich aber lange Zeit nicht. Ich habe dann nach dem Abitur zunächst ein Magisterstudium mit den beiden Hauptfächern Slawistik und Geschichte aufgenommen und nach ein paar Jahren schließlich auch erfolgreich abgeschlossen. Gegen Ende dieses Studiums habe ich dann begonnen, mich verstärkt für meinen jetzigen Beruf zu interessieren. Im Anschluss habe ich einige Praktika in verschiedenen Archiven gemacht. Danach war ich mir dann sicher, den richtigen Beruf gefunden zu haben.
Mich fasziniert vor allem der direkte Kontakt zu historischen Quellen. Außerdem die Tatsache, dass man es als ArchivarIn durch seine Bewertungstätigkeit in gewisser Weise in der Hand hat, welche Quellen künftigen Generationen über unsere Gegenwart später einmal zur Verfügung stehen werden. Unterlagen, die als nicht archivwürdig bewertet und daraufhin vernichtet werden, sind unwiederbringlich weg.
Als Herausforderung erlebe ich unter anderem die Beratungstätigkeit im Lesesaal. Man muss da sehr spontan auf das Anliegen des jeweiligen Benutzers eingehen können. Und man weiß ja leider nicht vorher, wen man als nächstes vor sich sitzen hat, zu welchem Thema der Benutzer forschen möchte und welche Fragen er mitbringt. Und Zeit, um zunächst noch zu recherchieren oder bei Kollegen rückzufragen, ist dann auch nicht. Deshalb fällt mir die Beantwortung schriftlicher Anfragen leichter, weil man sich dann zur Not ein paar Tage für Recherchen nehmen kann. Sicherlich haben aber die Kollegen, die schon lange Jahre oder auch Jahrzehnte im Staatsarchiv tätig sind, insofern einen Vorteil, weil viele Benutzerfragen für sie nicht mehr neu sind und weil sie die Bestände des Staatsarchivs besser kennen und deshalb eher wissen, in welchem Bestand ein Benutzer Quellen erwarten kann, die eventuell Antworten auf seine Forschungsfragen geben könnten.
Fachliche Kompetenzen und Methoden, wie z. B. zur Schriftgutbewertung oder zur Erschließung von Archivgut
Geschichtsinteresse kann für die Tätigkeit sicher nicht schaden, reicht alleine aber nicht. Da Punkte wie die Archivierung digitaler Unterlagen oder die Digitalisierung von Archivgut immer wichtiger werden, ist zumindest Interesse an modernen Informationstechnologien auch von Vorteil. Bei meinem vielfältigen Aufgabenfeld ist es außerdem wichtig, sich selber und die eigene Arbeit organisieren zu können (Wann mache ich was, was hat Priorität und was kann gegebenenfalls warten?). Manchmal sind auch Fremdsprachenkenntnisse hilfreich, wenn man es z. B. mit Archivbenutzern zu tun hat, die kein Deutsch sprechen.
Ich denke, man sollte sich schon vor Studienbeginn möglichst genau über den angestrebten Beruf informieren, wenn möglich eventuell auch durch ein Praktikum. Mir hat es während des Studiums sehr geholfen, schon relativ genau zu wissen, auf welche Tätigkeit das später mal hinausläuft.
(Ganz abgesehen von meiner speziellen Situation: Ich hätte mich sicher nicht noch für ein zweites Studium entschieden, wenn ich dabei nicht eine ganz konkrete Zukunftsperspektive vor Augen gehabt hätte.) Vor allem, wenn man dann im Studium auch mal in einer Vorlesung sitzt, die nicht ganz so interessant, aber leider trotzdem eine Pflichtveranstaltung ist.
Quelle: privat